Jetzt werden Sie sich sicher fragen „Was will er denn mit dem alten Hut?“. OnPage-Optimierung ist doch seit Jahr und Tag darauf ausgerichtet, die Seiten einer Webseite jeweils auf bestimmte Keywords auszurichten, zu optimieren eben. Wollen wir dieses Dogma jetzt etwa kippen? Ja, wollen wir.
Na, jetzt sind wir aber gespannt!
Also gleich vorweg: wenngleich im in der Headline OnPage-Optimierung angesprochen habe… es geht hier um mehr, einfach mehr. Ich bitte also darum den Blick etwas zu weiten und nicht überrascht zu sein, wenn andere Themen auch noch auf den Tisch kommen. Und ein paar heilige Kühe werden auch geschlachtet. Oder nennen wir es „dem Guten und Neuen geopfert“. Das triffts und hat ja was Positives. Okay, ich gebe zu, dass hier an so mancher Grundmauer gerüttelt wird und auch nach meiner Forderung der SEO-Profi die eine oder andere Kernaufgabe zugunsten der Marketing-Abteilung aus seiner Hand geben wird.
Nachfolgend also die neun großen Trends für 2014.
1. Link-Building: … war gestern. Jetzt zählt Link-Earning
Worum geht es? Kaufen Sie keine Links sondern setzen Sie darauf, dass andere freiwillig auf Ihre Inhalte verlinken. Diese Links „earnen“, sprich gewinnen, Sie dann.
Wie jetzt? Kaufen wir keine Links mehr ein? Das war doch immer praktisch: nen kleinen Obulus für die SEO-Agentur und schwupps hatte man für das eine oder andere Keyword schon ein paar Stufen auf der Google-Leiter nach oben erklommen. Okay, Panda und Pingu haben mal kurz reingehauen, aber das haben die Jungs von der SEO-Agentur wieder flugs hingekriegt. Was soll daran jetzt schlecht sein?
Also ich würde es mal eher andersrum formulieren: wenn die Leser der Webseite freiwillig dorthin verlinken, ist es einfach besser! Und natürlich billiger. Überlegen Sie mal, wenn Sie für jeden Inhalt, den Sie auf der Webseite freischalten, in kürzerer Zeit mehrere Links als Dankeschön für die gute Recherche und Textredaktion erhalten? Dividieren Sie mal die Erstellungskosten der Einzelseite nur durch eine kleine ganze Zahl. Der Betrag, den Sie erhalten, liegt garantiert bei einem Bruchteil der Kosten für einen gekauften Backlink. Und der „ge-earnte“ Link ist natürlich – da müssen Panda und Pingu draußen bleiben!
Was heißt das nun im Klartext? Publizieren Sie auf Ihrer Webseite Lesenswertes, das man gerne an andere weiterreicht. „Hast du das hier schon gesehen?“, „Da hab ich was zu deinem Thema xy entdeckt. Ich ’schäre‘ dir dir mal den Link auf meiner Facebook-Seite?“ – das wären wünschenswerte Reaktionen, die es gilt, anzustreben. Also weniger Marketing-Sprech auf der Webseite und mehr von dem, was der Leser wirklich sucht:
- Wie gehe ich mit dem Produkt um? Kleine Tipps für den Alltag des Anwenders.
- Verblüffend neue Anwendungsmöglichkeiten für ein Alltagsprodukt (ist das jetzt ein Mehrnutzen?).
- Ein Bildbericht über eine zufriedenen Kunden, der erklärt, was er mit dem Produkt anstellt und warum ihn das weiterbringt.
Da kann sich der Leser wiederfinden und sagen, „Ja, das hätt‘ ich auch gerne.“.
2. Mehr Traffic oder mehr Reputation
Worum geht es? Während man bislang die Performance von SEO darin gemessen hat, wieviele Besucher sie zur Website gezogen hat, wird es künftig mehr darauf ankommen, wieviel sie zur Markenwahrnehmung beiträgt.
Dazu gehört vor allem, dass an allen Stellen, an denen die Webseiten auftaucht, die Marke und ihr Nutzenversprechen in den Vordergrund gerückt werden. Damit wird OnPage-Optimierung mehr und mehr zu einer Kommunikationsaufgabe. Wo kommt der Besucher an und welchen Eindruck soll er dort gewinnen? Kann er dort mit uns kommunizieren? Erreicht er uns mit seinem Anliegen?
Die Aufgaben werden damit vielfältiger und anspruchsvoller. Die Marke wird womöglich gezielt über RichSnippets in die Suchergebnisse eingesetzt. Die Nutzenversprechen werden situativ an einzelne Anwenderumgebungen angepasst und ebenfalls an verschiedenen Stellen kommuniziert.
3. Googles organische Suchergebnisse: die Diva stirbt
Worum geht es? Seit Jahren liefert der Besucherstrom aus Googles natürlichen Suchergebnissen oftmals die einzigen Besucher für eine Vielzahl von Websites. Das wird anders werden. Die Besucher von anderen Webseiten ( Portale, Foren, Plattformen, etc. ) werden an Bedeutung gewinnen, weil diese aufgrund von Empfehlungen zur Webseite finden. Empfehlung heißen sie deshalb, weil der Link auf der anderen Webseite aufgrund eines positiven Erlebnisses gesetzt wurde und dort auch besprochen wurde. So konnte der Leser leicht erkennen, warum die Empfehlung ausgesprochen wurde und kann sich entscheiden, der Empfehlung zu folgen um die Quelle der Informationen selbst einmal in Augenschein zu nehmen.
Referrals werden sie sehr technisch genannt. Empfehlungen würde ich sie eher nennen. Aber wie erhält man sie? Na, in den beiden vorigen Abschnitten hatten wir es ja schon von den guten Inhalten. Wer Gutes tut und darüber spricht bzw. sprechen lässt, wird sich hier leicht tun. Über Anwendungstipps ( Banales Beispiel: leckere Rezepte eines Herstellers von Haferflocken ) spricht man gerne in Foren, auf Google+, auf Facebook usw.
Wer also darauf verzichtet, in jedem Newsletter zu posaunen „Wir haben jetzt das neue E-Bike KKX-2400 herausgebracht!“ und statt dessen das Erleben der Eigenschaften in den Vordergrund stellt ( „Mit dem neuen KKX-2400 komme ich in zehn Minuten durch die Frankfurter Innenstadt an allen Staus vorbei zur Arbeit und brauche auch keinen Parkplatz mehr. Und abends kann ich auch noch mal schnell kurz vorm REWE halten und Milch und Salat mitnehmen.“ ) wird beim Leser auf mehr Verbundenheit stoßen und sich ( Marke und Produkte ) positiv besetzen und in der Erinnerung halten. Positiv wahrgenommene Produkte werden auch häufiger gekauft. ( Siehe auch auf www.wikipedia.de )
4. Sichtbarkeit ist mehr wert als Platz eins bei Google
Worum geht es? Es wird mehr in den Vordergrund gestellt werden, für welche Themenfelder man bei Google und anderswo gesehen wird. Der Platz eins für das Primary Keyword alleine reicht nicht mehr aus.
Zunehmend werden von außen stark wahrnehmbare Platzierungen von Content zu Marke und Produkten wichtiger. Wer zum Beispiel White Papers zu seinen Top-Produkten auf trafficstarken Plattformen platziert, wird auch außerhalb von Suchmaschinen von der Zielgruppe deutlich wahrgenommen werden. Zielsetzung wird also künftig sein, weitere Bereiche mit dem Brand abzudecken, als dies bisher mit reiner Ranking-orientierter SEO Ziel und auch möglich war. Für die Marketer unter uns: Brand Exposure and Visibility sind hier das Thema. Sie sehen: mit Sichtbarkeit meinen wir jetzt nicht nur das, was uns SISTRIX & Co. liefern.
5. Fokus auf ein einzelnes Keyword pro Seite vs. Themenfokus und Keyword-Diversity
Worum geht es? Bislang hatte die OnPage-Optimierung ihren Fokus auf einem einzelnen Primary Keyword für jede Seite. Künftig wird es mehr darum gehen, die Synonyme der Keywords und auch die verschiedenen Einbindungen in Sätze und Redewendungen einfließen zu lassen.
Was ist das Ergebnis? Letztlich werden die Inhalte einer Webseite für den Leser verständlicher. Keyword-Wiederholungen nerven letztlich, erkennt der Leser doch recht schnell, dass ein Text unnatürlich wirkt und womöglich mehr für Google als für ihn, den Leser, geschrieben wurde. Mit der Einführung der Keyword-Diversity entspricht der Inhalt einer Webseite auch mehr dem natürlichen Sprachgebrauch eines Menschen, der auf der Website ja quasi als Redner oder Autor auftritt. Damit wird die gesamte Webseite als natürlicher wahrgenommen. Zuerst vom Leser und dann auch von Google.
Es gibt noch einen weiteren Aspekt des Themas Keyword-Diversity. Dies betrifft die Texte, welche in den zur eigenen Webseite hinführenden Links als Ankertext (Anchor-Text) vorkommen. Ein Old-School-SEO-Profi hat stets darauf geachtet, dass er beim Linkkauf ausschließlich eines wichtigen Primary Keywords der Kunden-Webseite verlinkt. Bei natürlich entstehenden Links zu einer Webseite werden oftmals ganze Abschnitte aus Textpassagen zu einer Webseite hin verlinkt. Man hat dort auf die Wahl des Ankertextes keinen Einfluss, wodurch sich jedoch auch eine ganz interessante Häufigkeits-Verteilung für eine gewisse Range an Begriffen und Redewendungen ergibt. Interessanterweise kann man als Leser oftmals den Beweggrund oder Gedankengang des Autors beim Verlinken nachvollziehen – und sich ihm des öfteren anschließen und klicken. Das ist nicht zu unterschätzen, geht es uns doch darum, interessierte Besucher auf die Webseite zu lotsen.
Google erkennt natürlich die oben beschriebenen Old-School-Methoden und nicht zuletzt auch schon deswegen ist ein Umdenken sinnvoll und vorbeugend.
6. User Experience, Conversion, Revenue
Worum geht es? Ziel eines SEO-Beraters ist es, über gute Suchmaschinenplatzierungen möglichst viele Besucher zu einer Webseite zu ziehen. An dieser Stelle hört seine Kompetenz und damit auch zwangsläufig seine Arbeit auf. Gerade hier geht es aber los und weiter, den der Besucher hat ja bis jetzt schon aus rein wirtschaftlicher Sicht Geld gekostet.
Neues Ziel des Seitenbetreibers ist es, dem Besucher sofort bei Eintreffen ein positives Erlebnis zu verschaffen und zum Verweilen (Experience), später zu einer vorgegebenen Handlung zu bewegen (Conversion). Oftmals beginnt es schon damit, dass der Besucher erkennt, dass …
- … das in der SERP gegebene Nutzenversprechen auf der Webseite eingelöst wird,
- … die Seite ja total klar und verständlich aufgebaut ist,
- … die sich ja hier echt Mühe geben und auf mich eingehen.
Wer so schnell so viel Lob erntet sitzt bereits im Herzen des Besuchers und darf sich aller Wahrscheinlichkeit nach auch über Geschäfte mit dem Besucher freuen. Damit wären wir dann auch beim Punkt Revenue angelangt. Die Kette Experience > Conversion > Revenue gibt die relevante Vorgehensweise vor. Dies ist natürlich ein Aspekt, der bei der klassichen SEO stets zu kurz kam – und auch kommen musste. Das kann SEO alleine nicht leisten und danach wurde früher auch (leider) nie gefragt. Aber wir lernen ja dazu.
7. Optimierung für Google ist out – für den User ist sie in
Worum geht es? Wer sein Wording auf der Webseite nur auf Google & Co. ausrichtet, erhält holprige Headlines und Titles. Wer aufmerksamkeitsstarke Headlines und Titles wählt, ist oftmals der Gewinner um die Gunst des Lesers, auch wenn er ein paar Plätze weiter unten bei Google steht.
Eine knackige Überschrift macht neugierig. Sie provoziert, manchmal bedient sie auch einfache Vorurteile, sie polarisiert im Optimalfall und schlägt den Leser in ihren Bann. Damit gibt sie den Startschuss für den Endspurt um die letzten Meter ( will sagen Pixel ) zum Leser. Nicht die vordere Position in den SERPs alleine entscheidet über den Traffic auf der Webseite. Meist ist es die Qualitäts- oder Relevanzwahrnehmung des Suchenden, die über die Auswahl des besten Treffers entscheiden.
Somit wird hier einmal mehr der mehr werblich orientierte Texter gefragt sein, den der SEO-Profi künftig als seinen Teamkollegen wahrnehmen muss. Nur beide zusammen können letztlich zum Erfolg führen.
8. Kämpfe um deine Leser!
Worum geht es? Ich strapaziere mal wieder den Begriff der Old-School-SEO. Bislang ging der Wettstreit der Unternehmen vordringlich um die vorderen Rankings in den Suchmaschinen. Wer hier die Nase vorn hatte, fühlte sich als Sieger. Neu wird es sein, dass man sich mehr um die Führerschaft an Locations bemüht, welche in der Zielgruppe hoch gerankt sind:
- Portale von Fachpublikationen
- Weblogs von Meinungsbildnern
- Social Media Plattformen
Dies kann im einfachsten Fall bedeuten, auf anderen Plattformen über die eigenen Publikationen zu sprechen. Also zum Beispiel den neuen Artikel zu twittern.
Nur wer an all den relevanten Stellen als Number One wahrgenommen wird, wird dies auch sein. Der vordere Platz in den Suchmaschinen tritt mehr und mehr in den Hintergrund. Remember: die Stammleser von Spiegel Online, FAZ & Co. kommen jeden Tag ganz freiwillig und schenken den dortigen Artikeln ihre Aufmerksamkeit. Kein Google klemmt sich (gottlob) dazwischen. Überdenken Sie einfach mal, wie eine breite Medienpräsenz sich auf die Stärke Ihrer Marke auswirken würde…
9. Das Gesicht hinter der Seite
Worum geht es? Einträge in SERPS sind meist unpersönlich. Auch die Inhalte von Webseiten sind dies erstmal. Wenn zu jedem einzelnen Beitrag ein Gesicht steht, kann der Leser eine persönliche Beziehung aufbauen, welche tragfähiger ist als ein Abnahmevertrag. Zuerst kommt die Beziehung zum Autor, dann zum Anbieter, dann zum Produkt.
Ein wenig kommt hier wieder die Reihung Experience > Conversion > Revenue ins Spiel. Es ist auch ganz ähnlich – und doch anders. An dieser Stelle geht es vor allem darum, Inhalte an eine Person zu binden. Dies geschieht in den SERPs durch RichSnipppets, aber auch schon durch die simple Erwähnung des Autors in Titel oder Teaser ( „… von Stefan Müller“). Und auf der Seite selbst geschieht dies durch die Erwähnung des Autors und ein paar Details zur Person. Insbesondere interessiert den Leser, das ganzheitliche Erscheinungsbild des Autors, so dass der Leser dessen Kompetenz bzgl. des vorgetragenen Themas erkennen kann.
Fazit:
OnPage-Optimierung erlebt gerade einen Wandel. Der Zeitgeist – den interpretiere ich mal als die Kollektive Meinung und Erwartung aller User – diktiert eine Ausrichtung der Seiteninhalte auf den Leser. Damit entreißt er die OnPage-Optimierung mehr und mehr dem klassischen SEO-Profi, der vordringlich seine technischen Aspekte einfließen lässt. Mehr und mehr wird OnPage-Optimierung in die Hand der Marketing-Spezialisten gelegt.
Was macht der User mit dem Content? Und was macht der Content mir ihm? Die Fragen ändern sich und der Bedarf geht weg vom PageRank-Sculpting hin zum User-Interaction-Sculpting. Aber ist das nicht schön, wenn sich der Inhaltsanbieter sich wieder mehr um mich als seinen treuen Leser kümmert, will sagen bemüht? Natürlich ist es das. Und ich freue mich schon jetzt über den dann zu erwartenden Zuwachs an Qualität ( „Joy of reading articles“ ), wenn ich meine Stamm-Webseiten Besuche und dort ein wenig lesend und teilend herumschlendere, in der Hand meine herrlich duftende Tasse Tee und im Hirn der wohlschmeckende Klang der „neuen“, guten weil wertschöpfenden und unterhaltenden Inhalte.
Hier noch einige andere Stimmen im Netz, die ins gleiche – oder doch zumindest in ein ähnliches – Horn stoßen.
- Zrinko Andelic am 21.11.2013 auf www.linkfactor.de
- Timo Stoppacher am 13.12.2013 auf www.t3n.de
- Atilla Wohllebe am 26.12.2013 auf www.onlinemarketing.de
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